Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg hat zwei wegweisende Urteile in Verfahren gegen die Schufa gefällt und die Position der Verbraucher gegenüber der Schufa und anderen Auskunfteien, aber auch gegenüber den Datenschutzaufsichtsbehörden gestärkt. Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hatte dem EuGH die beiden Verfahren mit dem Ziel vorgelegt, dass das oberste EU-Gericht das Verhältnis der Schufa zur DSGVO klären sollte.
Hintergrund:
Ausgangspunkt für die entschiedenen EuGH-Verfahren waren zwei Beschwerden gegen die SCHUFA vor der hessischen Datenschutzbehörde (HBDI).
1. Schufa-Score (verbotene “automatisierte Entscheidung im Einzelfall”)
Im ersten Fall (EuGHG C-634/21) ging es um die Frage, ob die SCHUFA mit der Erstellung ihres sogenannten Schufa-Scores (vollautomatische Ermittlung einer Kreditwürdigkeitskennziffer) ein Verstoß gegen die in der DSGVO verbotene “automatisierte Entscheidung im Einzelfall” darstellt.
2. Fehlende Datenlöschung (verbotene Weiterverwendung veralteter Daten)
Im zweiten Fall (EuGH verbundene Rechtssachen C-26/22 und C-64/22) hatte der Betroffene die Löschung von Insolvenzdaten aus der Datenbank der SCHUFA verlangt, nachdem diese bereits aus dem öffentlichen Insolvenzregister gelöscht waren.
Ergebnisse auf den Punkt gebracht:
- Mit beiden EuGH-Urteilen wurden die Betroffenenrechte gegenüber Unternehmen, Banken und Aufsichtsbehörden gestärkt!
- Laut Europäischem Gerichtshof (EuGH) ist das Scoring-System der SCHUFA oder anderen Auskunfteien jedenfalls dann verboten, wenn sich Unternehmen, Banken, Kreditinstitute u.ä. bei der Entscheidung über einen abzuschließenden Vertrag maßgeblich auf den Score stützen.
- Der EuGH hat noch nicht entschieden, ob mit § 31 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) eventuell eine gültige Ausnahmeregelung vorliegt. Diese Entscheidung muss nun wieder das VG Wiesbaden fällen. Die EU-Richter halten es aber für sehr gut möglich, dass das deutsche Gesetz gegen die Grundsätze des europäischen Rechts verstößt, da es die Persönlichkeitsrechte nicht gnügend schütze.
- Der Streit geht weiter. In einer ersten Reaktion hat die Schufa angekündigt ihre Arbeitsweise nicht zu ändern. Bei den Vertragsabschlüssen der Schufa-Kunden spiele der Score sowieso nicht die maßgebliche Rolle. Andererseits hat der EuGH seinen Standpunkt deutlich gemacht: Das Sammeln von Daten und die automatische Entscheidungsfindung im Einzelfall (Profiling) ist nur unter Einhaltung strenger Voraussetzungen erlaubt.
- Die Daten aus den öffentlichen Insolvenzregistern (Resstschuldbefreiungen) dürfen nicht länger als sechs Monate nach Verfahrensabschluss gespeichert werden.
- Unrechtmäßig gespeicherte Daten sind durch die verantwortliche Stelle unverzüglich zu löschen.
- Betroffene haben das Recht Widerspruch gegen eine Datenverarbeitung einzulegen, sofern keine zwingenden Gründe entgegenstehen.
Weitergehende Informationen:
Verfahrensführenden Kanzlei AdvoAdvice (Stellungnahme und Kommentar)
EuGH-Urteil zu Restschuldbefreiung und Scoring
NOYB – Europäisches Zentrum für digitale Rechte
EuGH weist Kreditauskunftei SCHUFA in die Schranken
tagesschau / ARD Rechtsredaktion
EuGH macht Vorgaben für SCHUFA-Scoring
ARD – RESCHKE FERNSEHEN (15.02.2024)
Wer stoppt die Datensammler der Schufa? | RESCHKE FERNSEHEN