Datenschutzverstöße im Rahmen von Forschungsfahrten
Die Landesbeauftragte für den Datenschutz (LfD) Niedersachsen hat gegen die Volkswagen Aktiengesellschaft eine Geldbuße nach Art. 83 Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) in Höhe von 1,1 Millionen Euro festgesetzt. Grund sind Datenschutzverstöße in Zusammenhang mit dem Einsatz eines Dienstleisters bei Forschungsfahrten für ein Fahrassistenzsystem zur Vermeidung von Verkehrsunfällen. Das Unternehmen hat umfassend mit der LfD Niedersachsen kooperiert und den Bußgeldbescheid akzeptiert.
Ein Erprobungsfahrzeug des Unternehmens wurde im Jahr 2019 durch die österreichische Polizei bei Salzburg für eine Verkehrskontrolle angehalten. Den Polizeibediensteten waren am Fahrzeug ungewöhnliche Anbauten aufgefallen, die sich noch vor Ort als Kameras herausstellten. Das Fahrzeug wurde eingesetzt, um die Funktionsfähigkeit eines Fahrassistenzsystems zur Vermeidung von Verkehrsunfällen zu testen und zu trainieren. Unter anderem zur Fehleranalyse wurde das Verkehrsgeschehen um das Fahrzeug herum aufgezeichnet.
Am Fahrzeug fehlten aufgrund eines Versehens Magnetschilder mit einem Kamerasymbol und den weiteren vorgeschriebenen Informationen für die datenschutzrechtlich Betroffenen, in diesem Fall die anderen Verkehrsteilnehmenden. Diese müssen laut Artikel 13 DS-GVO bei einer Datenverarbeitung unter anderem darüber aufgeklärt werden, wer die Verarbeitung zu welchem Zweck durchführt und wie lange die Daten gespeichert werden. Bei der weiteren Prüfung wurde zudem festgestellt, dass Volkswagen keinen Auftragsverarbeitungsvertrag mit dem Unternehmen abgeschlossen hatte, das die Fahrten durchführte. Dieser wäre nach Artikel 28 DS-GVO erforderlich gewesen. Weiterhin war keine Datenschutz-Folgenabschätzung nach Artikel 35 DS-GVO durchgeführt worden, mit der vor Beginn einer solchen Verarbeitung mögliche Risiken und deren Eindämmung bewertet werden müssen. Schließlich fehlte eine Erläuterung der technischen und organisatorischen Schutzmaßnahmen im Verzeichnis der Verarbeitungstätigkeiten, was einen Verstoß gegen die Dokumentationspflichten nach Artikel 30 DS-GVO darstellte.
Diese vier Verstöße mit jeweils niedrigem Schweregrad, von denen keiner weiterhin andauert, sind Gegenstand des Bußgeldbescheides. Volkswagen hat die Mängel, die in keinem Bezug zu Serienfahrzeugen stehen, im Rahmen des vorangegangenen Prüfverfahrens unverzüglich abgestellt.
„Die eigentlichen Forschungsfahrten waren datenschutzrechtlich nicht zu beanstanden“, sagt die Landesdatenschutzbeauftragte Barbara Thiel. „Gegen die dabei anfallende Erhebung und Weiterverarbeitung personenbezogener Daten bestehen von unserer Seite keine Bedenken.“ Berücksichtigt wurde dabei insbesondere, dass die Verarbeitung dazu dient, ein Fahrassistenzsystem zur Verhinderung von Unfällen zu optimieren und so die Sicherheit im Straßenverkehr zu erhöhen.
Aufgrund der grenzüberschreitenden Verarbeitung personenbezogener Daten beteiligte die LfD vor Erlass des Bußgeldbescheides andere betroffene europäische Datenschutzaufsichtsbehörden im Kooperationsverfahren nach Artikel 60 DS-GVO.